Mittwoch, 16. Oktober 2013

Interview mit Ludovic Magnin; Teil 1

Das erste Interview bei Fussball,Schatz ist Tatsache. Wir trafen Ludovic Magnin und sprachen mit ihm über seinen neuen Trainerberuf, Spielerfrauen und den Metzger aus Brüttisellen.

Auf die Minute genau stehe ich vor der Tür. Es ist zehn Uhr. Klar, etwas nervös bin ich schon vor diesem ersten Interview für Fussball,Schatz. Ich klingle. Die Tür geht auf und da steht er bereits: Ludovic Magnin. Lächelnd, aber ab der ersten Sekunde herrlich unkompliziert. Ich drücke ihm einen Wein und etwas Schokolade in die Hand. Irgendein kleines Präsent sollte es dann schon sein, für den Ex-Nationalspieler. Wenn auch ich mich gefragt habe, was man einer solchen Persönlichkeit schenken sollte. "Der hat doch schon alles", denkt man da. Wir setzen uns und beginnen sogleich mit dem Interview. Magnin redet viel. Nicht aber zu viel. Der Mann hat etwas zu erzählen und hat zu allem eine Meinung. Es scheint, als hätte er bereits eine gewisse Distanz zu seiner Fussballer-Karriere aufgebaut. Viel weiss er von seinem aktuellen Trainerjob in der Junioren-Abteilung des FCZ zu berichten. Dort bringt er, so vermute ich zumindest, so viel Leidenschaft mit ein, wie er es immer als Spieler getan hat. Manchmal lebt sie aber wieder auf, die Vergangenheit. Meistertitel mit Stuttgart und Bremen. Ich meine ein Funkeln in seinen Augen zu erkennen. Nach dem Gespräch gehen wir nach unten, in den Keller. Er öffnet einen Schrank und zeigt mir seine Trikottausch-Errungenschaften. Ich, innerlich damit zu kämpfen diese Raritäten nicht einfach einzustecken und weg zu rennen, lausche seinen Ausführungen. Roy Keane, Thierry Henry, Andres Iniesta, Marcel Desailly oder auch Sammy Kuffour. Fussballerherz, was willst du mehr?


Ihr hattet gestern Spiel mit der U14 des FCZ. 4:2 gewonnen, 3. Platz, Gratulation! Wie war das Spiel?

Das Ergebnis ist in diesem Alter nicht wichtig. Es ist wichtig, dass jeder einzelne sich verbessert. Wir haben letzte Woche einen Dämpfer gehabt, als wir 8:4 gegen St. Gallen verloren haben. Von dem her war es wichtig, dass die Jungs einfach eine Reaktion gezeigt haben. Das haben sie gemacht und gestern haben sie wirklich Freude bereitet. Das war sehr gut.

Das heisst, du schaust als Trainer eher, dass sie sich verbessern und Freude haben, als darauf, wie sie spielen oder welche Ergebnisse sie erzielen?

Ich schaue schon, wie sie spielen. Nur schaue ich nicht auf das Ergebnis. Ich verliere lieber, wenn wir gut Fussball spielen. Weil in diesem Alter ist es so, dass viele nicht sehr gut spielen. Man schiesst den Ball einfach nach vorne, wo man zwei, drei etwas grössere Spieler hat, die etwas weiter in der Entwicklung sind. Diese machen momentan auch den Unterschied. In zwei Jahren ist das aber vorbei. Ich halte also nach Potenzial Ausschau. Die Momentaufnahme spielt da nicht so eine Rolle. Es kann also sein, dass wir acht Tore gegen St. Gallen bekommen. Aber ich glaube aber, ich habe mehr Potenzial in der Mannschaft als St. Gallen. Die Gegner spielen dann oft weite Bälle nach vorne, das wollen wir nicht. Wir wollen einfach flach von hinten raus Fussball spielen. Dazu spielen die Jungs das erste Jahr elf gegen elf. Das bringt natürliche viele taktische Umstellungen mit sich. Dort helfen wir und versuchen die Freude am Spiel zu vermitteln.

Du bist jetzt Trainer. Bis vor kurzem spieltest du aber noch aktiv Fussball. Oliver Kahn hat in seinem Buch geschrieben, es sei schwierig gewesen von diesem regelmässigen Adrenalin-Kick an den Spielen auf den neuen Alltag umzusteigen. Hast du damit auch Mühe?

Oliver Kahn sitzt nur zu Hause momentan. Ich weiss nicht wie er sich beschäftigt (lacht). Ich denke, für mich war es unvorstellbar einfach ein paar Jahre erholen. Dafür liebe ich den Fussball zu sehr. Mit dem Anschlussvertrag beim FCZ haben wir für mich eine gute Lösung gefunden, wo ich sofort in meinem neuen Leben mit einem Job einsteigen konnte. Für mich war dann klar, nachdem ich mit einigen Trainern gesprochen hatte, dass ich von unten anfangen will, dass ich es langsam angehen will. Es gibt viele Beispiele von Trainer, wie Markus Babbel oder Ciriaco Sforza, die schnell bei den Profis trainiert haben und jetzt nirgends mehr sind seit einiger Zeit. Zurzeit habe ich Spass mit den Junioren, ohne Druck in Sachen Ergebnisse zu haben. So kann ich auch nicht entlassen werden. Mit meiner Familie bin ich viel umgezogen, die Kinder hatten so wenig Stabilität. So aber kann ich das ihnen bieten. Solange die Kinder in der Schule sind, will ich es also langsam angehen lassen. Aber ich kenn mich. Es könnte sein, dass der Ehrgeiz mich packt und ich schneller oben sein will. Aber eben: Ich habe momentan Spass und was die Zukunft bringt, schaue ich von Tag zu Tag.

Du willst also auch in deiner Trainerkarriere “step by step“ gehen, wie du es als Spieler schon getan hast?

Absolut! Und auch keine Planung machen. Ich habe nie eine Karriereplanung gemacht. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, dann überlegst du. Wenn nichts kommt, kommt nichts. Dann musst du dich auch nicht verrückt machen lassen. Zu planen ist immer schwierig. Ich versuche einfach so gut, wie möglich meinen Job zu machen. Dafür bin ich neun Mal pro Woche auf dem Fussballplatz. Es macht mir zwar Spass, ich merke aber, dass ich nachher den nächsten Schritt machen muss. Der taktische Aspekt ist nicht sehr ausgeprägt vorhanden, das fehlt mir. Letztes Jahr war ich Co-Trainer bei der U18. Ich musste aber als Chefcoach arbeiten, wenn ich die Kurse für die Trainer-Diplome machen wollte, deshalb kam ich in der U14 unter.

Du bist also einer, der sich über die taktische Seite des Spiels Gedanken macht?

Ich bin der Meinung, dass wenn du als Trainer intelligenter bist, als der gegnerische Trainer, kannst du ihn taktisch kaputt machen. Aber in der U14 kann ich das nicht machen. Wir haben ein System vorgegeben. Die Kinder müssen das 4-4-2 lernen, damit fangen wir an. Ein Beispiel: Wir haben in Basel gegen meinen Freund Beni Huggel gespielt. In der ersten Halbzeit haben wir fantastisch gespielt. In der zweiten Halbzeit hat Huggel dann umgestellt – in Basel dürfen sie das, ich darf das nicht. Natürlich hat er dann irgendwo ein Übergewicht geschaffen, was ich nicht korrigieren konnte. Das hat mich extrem frustriert, dass ich meiner Mannschaft nicht helfen konnte, weil etwas vorgegeben wurde. Es ist dennoch sehr interessant für mich. Wir sind aber nach einer Lösung am suchen, dass ich nächstes Jahr ab U16 trainieren kann, wofür ich aber noch die nötigen Diplome brauche.

Dort darfst du umstellen?

Ja! Letztes Jahr in der U18 haben wir zum Beispiel in der Vorbereitung drei Systeme gelernt. Ich glaube, es ist wichtig, dass ein Spieler in der Ausbildung verschiedene Systeme lernt, weil er in seiner Karriere, je nach Trainer, mit verschiedenen Systemen konfrontiert werden wird. Von daher macht es mir extrem Spass als Verteidiger-Trainer die U21 zu coachen. Da ist ein ganz anderer Rhythmus, ein ganz anderes Niveau vorhanden, auch wenn die U14 für ihr Alter sehr stark ist.

Ich merke aber, du hast noch Ziele. Du machst einfach einmal diese Diplome und schaust, was dabei herauskommt, oder?

Ich will die Diplome so schnell, wie möglich abschliessen. Leider musst du nach jedem Diplom mindestens ein Jahr warten bis du das nächste in Angriff nehmen kannst. Man bekommt aber jeweils Noten. Mit guten Noten kannst du dich nach einem Jahr an die nächste Prüfung machen. Hast du schlechte, musst du zwei, drei Jahre warten. Das B-Diplom habe ich gerade abgeschlossen, zum Glück mit guten Noten. Ich kann jetzt ein Jahr warten und dann das A-Diplom machen. Diese berechtigt für die U21.

Dein Vater hat in einem Interview beim SRF gesagt, sein Traum wäre es, dass Lucien Favre als Trainer und du als Co-Trainer die Schweizer Nationalmannschaft übernehmen. Kannst du dir das auch vorstellen?

Das habe ich auch einmal gesagt. Wir haben beide eine besondere Beziehung zu Lucien. Ich kenne ihn seit ich klein bin. Er kommt aus der Gegend, ist mit meinem Vater aufgewachsen und auch sein Kinderfreund. Als er als ehemaliger Profi-Fussballer meine Junioren-Mannschaft (C-Junioren beim FC Echallens, d. Red.) übernahm, hatten wir natürlich grosse Augen. Ich habe unglaublich viel gelernt von ihm. Dazu hat er mir auch die Chance im Profi-Bereich gegeben (dazumals noch Nationalliga B bei Yverdon, d. Red.). Wir haben gemerkt, dass wir Fussball gleich sehen. Vor allem aber ergänzen wir uns sehr gut. Ich bin einer, der nicht lange braucht, um Entscheidungen zu treffen. Er hat manchmal Mühe damit, etwa bei Transfers. Er sagt selbst, einer wie ich, würde ihm gut tun. Aber jetzt ist das noch kein Thema. Er ist im Ausland und ich noch ein junger Trainer.

Zukunftsmusik?

Ja! Es ist aber klar, wenn Lucien eines Tages als Nationaltrainer anklopft und ich die Diplome habe, das haben wir abgesprochen, würde ich die Hüttchen auf dem Platz jeweils hinstellen (lacht).

Du bist eigentlich Lehrer. Bringt dir das in deiner Arbeit als Trainer etwas? Kannst diese Erfahrungen einfliessen lassen?

Ich denke schon, dass mir das etwas hilft. Die Methoden, wie ich mit Kindern dann arbeite, kann ich sicher einbringen. Das Problem ist aber, dass mein Studium 14 Jahre her ist. Die Gesellschaft hat sich so entwickelt, dass ich Sachen gelernt habe, die heute nicht mehr aktuell sind. Zweitens müsste ich eins, zwei Jahre wieder die Schulbank drücken bis ich wieder unterrichten könnte. Deshalb müssen wir das etwas relativieren. Mir war damals wichtig, dass ich neben dem Fussball-Traum eine Absicherung zu haben. Durch das hatte ich auch einen Ausgleich zum Sport. Jeden Morgen um sieben Uhr aufstehen, am Abend ins Training, danach noch Hausaufgaben machen. Ich lernte zu beissen und konnte somit auch schlecht abheben. Heute sehe ich im Internat junge Spieler, die den ganzen Tag zu Hause hocken und am Abend vom Training nach Hause kommen. Das kann nicht gut gehen.

Du siehst das also vor allem als Erfahrung zu lernen auf die Zähne zu beissen?

Ja! Das ist das wichtigste! In jungen Jahren muss man mit Gegenwind konfrontiert werden. Es ist wichtig, dass nicht alles auf dem Silbertablett serviert wird. Ich sage: Es ist für die Karriere nicht fördernd, wenn du in einer Jugend-Mannschaft spielst und dein Team alles gewinnt. Ich denke, es ist besser wenn du in einer eher durchschnittlichen Mannschaft spielst, wo du vielleicht einer der besseren Spieler bist. Dort lernst du als Mannschaft zu kämpfen, um überhaupt ein Spiel zu gewinnen. Wenn du jedes Spiel 7:0 gewinnst ist es schwierig bei den Profis, weil dann dieser mentale Aspekt fehlt.

Es heisst, du hättest zu Beginn deiner Zeit in Bundesliga (2001 der Wechsel von Lugano nach Bremen, d. Red.) Probleme gehabt dich dem Niveau anzupassen. Dieser Unterschied zwischen Bundesliga und Super League, ist der noch immer so gross?

Ich denke, der ist noch grösser geworden. Der Schweizer Fussball ist sehr schlecht geworden. Die Meisterschaft ist einfach schlecht. Wenn man sich die Mannschaften anschaut, die jetzt spielen und die Mannschaften, die vor zehn Jahren spielten. Das sind grosse Unterschiede. Nur schon das Budget. Wenn man sich GC vor zehn Jahren anschaut, die hatten ein besseres Team, als sie es heute haben. Und heute hat GC kein grosses Kader, sind aber trotzdem oben. Basel ist Erster und spielt zum Teil mit der C-Mannschaft. Das ist traurig momentan für den Schweizer Fussball, wie ich finde. Für mich wird die Schweizer Liga immer ideal bleiben für junge Spieler, die in der höchsten Liga Erfahrungen sammeln können und dann mit Anfang 20 den Sprung ins Ausland wagen. Auch als älterer Spieler ist es interessant zum dort spielen. Der Rhythmus ist wirklich nicht hoch, du hast viele Räume. In Deutschland sind sie nicht taktisch oder technisch besser, es geht einfach alles 20 Mal schneller. Dort kriegst du den Ball und hast drei Spieler um dich herum, in der Schweiz hast du 30 Quadratmeter freier Raum um dich herum. Die Zukunft des Schweizer Fussballs sollte sein: Drei, vier ältere Spieler und um die herum einige junge, hungrige Spieler aus dem eigenen Nachwuchs.

Du hattest in der Bundesliga dafür eine sehr erfolgreiche Zeit, bist mit Bremen und Stuttgart je einmal Meister geworden. Jetzt, wenn du am Samstag um sechs Uhr Sportschau siehst, wem drückst du da mehr die Daumen? Stuttgart oder Bremen?

Mittlerweile Stuttgart. Nicht aber weil ich den VFB mehr mag, als Bremen, Nein. Ich kenne einfach in Bremen niemand mehr. Sportdirektor ist weg (Allofs ging 2012 nach Wolfsburg, d. Red.), Trainer ist weg (Schaaf wurde kurz vor Saisonende im Mai 2013 entlassen, d. Red.). Ausser mit Aaron Hunt hab ich mit keinem mehr zusammen gespielt. In Stuttgart kenne ich das Umfeld, Sportdirektor, einige Spieler. Das ist einfach frischer. Ich mag Stuttgart aber nicht besser. In Bremen hatte ich vielleicht sogar eine menschlich und familiär bessere Zeit. In Stuttgart hatten wir mehr Potenzial. Da war die Bundesliga-Maschine, da war Unruhe. Da warst du mit Theater, mit Trainerentlassungen konfrontiert. Das waren aber gute Erfahrungen. Ich finde, in einer Karriere musst du so viel erleben, wie möglich. Bei Werder war einfach immer diese Ruhe. Der Trainer war sicher, das Umfeld ruhig. Das wurde irgendwann fast langweilig.

Kann das auch an der Region liegen? In Bremen ist man eher bescheiden und überlegt. Stuttgart ist das schon eher eine Medienstadt.

Absolut! In Stuttgart ist die Presse viel mehr vertreten. In Bremen war alles sicher. Trainer, Sportdirektor, die waren zu 100% sicher im Sattel. Dazu hast du in Bremen nur den Fussball. Es gibt kein Volleyball, kein Handball. Du hattest nur Fussballfans in der Gegend. Deshalb standen sie auch hinter dir, wenn du schlecht gespielt hast. In Stuttgart war das genau das Gegenteil. Eine Millionenstadt mit Konzernen wie Porsche oder Mercedes, weiteren Sportarten und vielen Zeitungen. Auch wenn viele Fussballfans dort waren, wenn es nicht lief, haben sie dir auf die Pille gehauen. Das war oft unangenehm, weil man einfach nicht in Ruhe arbeiten konnte. Es sind aber Erfahrungen, die mich trotzdem weitergebracht haben. Natürlich war es dafür nie langweilig (lacht). Alle sechs Monate wurde der Trainer gewechselt, so dass du immer wieder neue Arbeitsweisen kennen lernen konntest. Das alles kostet aber auch viel Substanz. Deswegen war es auch Zeit zurück zu kommen.

Du hast zu deiner Zeit in der Bundesliga noch gegen Spieler wie Ballack oder Effenberg gespielt. Fehlen solche Typen heute?

Sicher, ganz sicher! Aber da sind wir selbst schuld. Nicht, dass die Spieler kein Potenzial haben, solche Spieler mit Ecken und Kanten zu werden. Man beginnt sie einfach zu kanalisieren, die dürfen ja nichts mehr machen. Dann ist es schwierig diese Persönlichkeit, diese Verrücktheit zu entwickeln. Wenn ich daran denke, was wir früher alles gemacht haben. Da gab es noch keine Handykamera. Ich muss sagen: Die Jungen von heute sind wirklich arme Leute. Die spielen Fussball, gehen nach Hause und da warten 30 Leute mit ihrer Handykamera und wollen ein Foto machen. Wenn sie ein Blödsinn machen ist es ein Tag später im Blick oder weiss ich wo. Da kriegst du einfach keinen Jungen mit Ecken und Kanten hin. Wenn ich sehe, wie sich die Nationalmannschaft für die WM qualifizierte. Wären wir das von früher gewesen, wir wären sicher drei Tage nicht nach Hause gekommen, hätten gefeiert. Heute trinken sie ein Wasser und bereiten sich auf das Spiel am Dienstag vor. Aber das ist halt eine andere Generation. Aber da sind nicht nur die Schweizer betroffen. Der ganze Fussball ist mittlerweile so. Typen wie ein Effe oder in Bremen ein Marco Bode oder Dieter Eilts sind Spieler, die du nicht mehr sehen wirst. Auch ein Basler. Das sind alles Leute, die nicht nur Fussball gespielt haben, sondern auch für Entertainment sorgten. Die haben auch mal ein Blödsinn gemacht. Heute, wenn du ein Blödsinn machst, kommt der Pressesprecher, der korrigiert alles, so dass man sauber da steht. Ich finde das schade. Das töten ein bisschen den Fussball. Wenn man die Bilder von früher in der Bundesliga anschaut, wenn Mario Basler den Hut von einem Zuschauer nimmt und einen Einwurf macht, sind das Sachen, die zum Fussball gehören. Aber wir werden das nie mehr sehen. Da sind auch die FIFA oder der SFV schuld.

Spielen da auch Leistungszentren eine Rolle, wo man mittlerweile als Jugendspieler nur noch schläft, isst, trainiert und lernt?


Natürlich! Denke ich auch. Die sind wahrscheinlich auch technisch besser als wir, taktisch besser geschult. Aber es fehlt ein bisschen diese Persönlichkeit. Da fehlen Emotionen. Klar hat sich die Schweizer Nationalmannschaft jetzt sehr souverän für die WM qualifiziert. Sie haben das sehr gut gemacht. Ich behaupte aber, dass unsere Nati von früher mehr für Emotionen gesorgt hat beim Schweizer Volk. Vielleicht weil wir auch mehr kämpfen mussten. Aber auch, weil mir mit mehr Emotionen dabei waren. 

Viele sagen ja auch, wenn man im Rückstand ist, brauche es genau so Typen, die voran gehen und aus sich raus kommen, Menschen mit Ecken und Kanten auch. Eine Diskussion, die auch in Deutschland geführt wird. Was meinst du?

Ich höre überall in Deutschland: Toller Fussball und bla, bla, bla. Aber die haben bisher noch keinen Blumentopf gewonnen. Weil im entscheidenden Moment wird Persönlichkeit und Charakter den Unterschied machen und nicht, ob du ein zehn Mal besserer Fussballer bist. Am Ende sind es nicht die Füsse, es wird der Kopf sein, der entscheidet. Deutschland spielt fantastischen Fussball. Aber solange sie hinten in der Verteidigung Probleme haben wird es schwer. Früher war das die grosse Stärke. Jürgen Kohler, Matthias Sammer – das waren Typen, die haben da hinten abgeräumt. Heutzutage spielen sie zwar schöneren Fussball, aber ob das effizient ist, wird sich zeigen.

Der letzte deutsche Titel wurde an der EM 1996 geholt. Mit dabei: Jürgen Kohler und Matthias Sammer…

Ja eben! Wenn ich sehe, das Deutschland an der Heim-WM den dritten Platz holt und sich so feiern lässt, da dachte ich, wir sind im falschen Film. Früher war man nur zufrieden mit dem ersten Platz. Die Mentalität ändert sich überall.

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