Sonntag, 2. März 2014

Liveticker FC St. Gallen vs FC Luzern 1:1

1Live|tick|er, der; -, - [Laivdiggah] (fussb., fachlich hochstehende Berichterstattung, direkt, original, teilw. abschweifend, in Perfektion ausgeführt von d. Fussball,Schatz AG)


Mit ängstlicher Miene betreten wir die AFG Arena. Was wird Saibene uns wohl sagen? Du warst mal Ersatz-Aussenverteidiger am letzten Grümpeli. Kategorie: Senioren. Beim leidenschaftlichen Fingerwundtickern: Der Liveticker.
15.37 Uhr
So, gerade einige Pommes verputzt (der Kater sollte nun endgültig besiegt sein) und die Aufstellungen studiert. Währenddessen läuft "Happy" von Pharell Williams über die Lautsprecher. Sekunden später kopfnusst Luzerns Abwehrchef Pulijc einige Bälle in die Arme des zu bemitleidenden Co-Trainer des FCL. Ich bin glücklich, ähm happy.

15.50 Uhr
Irgendwie sind wir ja auch betrübt, wenn wir die Startelf der Grün-Weissen anschauen. Mäkelä nur auf der Bank. Der gefühlt drei Meter hohe Skandinavier würde, so glauben zumindest wir, die Bälle mit einer solch kimiraikkönischen Ruhe verwerten, dass ihm gleichzeitig Unmengen Barthaare spriessen würden.

15.55 Uhr
Viele Zuschauer tragen grüne Perücken, die irgendwie an Bayern-Verteidiger Dante erinnert. Der FCSG-Dante oder der Fasnachts-Dante. Wir wollen wisssen, ob der CL-Sieger wirklich in der Arena ist und steigen gegen jeden Perücken-Träger spontan ins erbitterte Kopfballduell. Weinende Kinder und klaffende Platzwunden. Kernig hart und manchmal auch fies: Der Liveticker.

15.58 Uhr
Wie soll man sich auch gegen diesen Tatendrang wehren, wenn immer diese motivierende Melodie kurz vor Einlauf der Spieler im Stadion ertönt. Wie soll man dann noch normal an einem Bier nippen ohne das Ganze völlig verbissen als Wettkampf zu sehen. Spontane Wettkämpfe auf der Haupttribüne. Wer verprasst das 1000er-Nötli schneller?

1. Minute
Toooooooor für den FC St. Gallen. Freunde, gibt's denn das? Flanke Rodriguez und Pulijc befördert die Kugel gewohnt ungelenk in die Maschen.

3. Minute
Die Espen legen los wie die Feuerwehr. Wobei: Die Wohnung am Markplatz ist runtergebrannt. Dennoch: Sehr viel Zug im Spiel der St. Galler, die bei jeder Gelegenheit den Weg in die Offensive suchen.

5. Minute
Schade. Für einen Moment dachten wir ja, es handelt sich tatsächlich um FCB-Chefgrätscher Serey Die, der sich mit dem FCSG-Trikot in die AFG Arena geschlichen hat, um auch mal einige Bälle ins Tor zu zimmern. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir aber, dass es sich um Keita handelt, der seine Haare zumindest mittig blond gefärbt hat.

10. Minute
Janjatovic, dieser klasse Fussballer. Fussgelenkt den Ball FIFA-Street-mässig zu 3-Tage-Bart-Busenfreund Karanovic. Eine Minute später verpassen Keita und Karanovic eine Vitkieviez-Flanke.

14. Minute
Wir ärgern uns über das Schuhwerk von Besle, der knallorange Treter trägt. Für einen Innenverteidiger Marke "Birne hinhalten, ab und zu geil grätschen und sonst kompromisslos souverän im Stellungsspiel" gehört sich unsere Meinung nach ein konservative schwarzer Adidas-Schuh, der in seiner schlichten Präsenz die Tugenden des kompromisslosen Abwehrspielers ausstrahlt. Sorry, wir sind gerade etwas emotional, ist es doch genau der Schuh, mit welchem wir im letzten Sommer im Grümpeli gesiegt haben.

18. Minute
Wir schulden euch die Aufstellung der St. Galler. Zuerst stellen wir uns aber reumütig in die Ecke und zweifeln an uns. Dann die quälende Frage, wie man die Nummer 16 beim FCSG schreibt. Vitkieviez? Vitkeviecz? Witkäwiäz? Erneut Selbstzweifel, die uns ohnmächtig scheinen lassen. Bevor Rodrigues? Rodriguez? Rodrigäs? einen Gelben abgrätscht. Dann wieder Hoffnung.

Der FCSG heute mit: Lopar - Franin, Besle, Montandon, Martic - Rodrigäs, Demiri, Janjatovic, Witkäwiäz - Karanovic - Keita.

24. Minute
Keita legt sich im Strafraum hin, was nur beweist, dass er wirklich nur ein Mensch, beziehungsweise nicht Serey Die ist.

26. Minute
Haben gerade Alex Frei einige Meter neben uns entdeckt. In seinem feinen Zwirn erinnert wenig an den in Spielerzeiten oft polarisierenden Schweizer Rekordtorschütze. Schade. Es schmerzt, Männer wie ihn oder Oliver Kahn, die dem Fussball so viel gegeben haben, in pseudo-fachmännischen Anzügen herumstolzieren zu sehen. Wir stehen auf und geben ihm einen kleinen Tritt in die Waden.  Plötzlich ein Wortgefecht, Frei spuckt uns an und ruft dann: "Villicht bini ebe doch en guete Typ". Ach...

33. Minute
Jetzt irgendwie Handgemenge. Irgendwie ein verletzter am Boden. Unklarheiten. Fragezeichen im Kopf. Und: Ein gellendes Pfeifkonzert. Das dann klar. Nach Worten suchend: Der  Liveticker.

37. Minute
Prüfungsaufgabe:
1. Das Spiel jetzt abgeflacht/besser.
2. Offensivaktionen sind Mangelware/nun minütlich.
3. Ich finde den Liveticker geil/toll/grossartig/überragend/klasse.

Unterstreiche die richtige Lösung. Bitte beachten Sie, dass bei Aufgabe 3 fünf Lösungen möglich sind.

40. Minute
Danke übrigens an den Kollegen der Luzerner Zeitung, der neben mir sitzt. Auf seinem Laptop guckt er sich die Partie zusätzlich an. Während ich über so viel Cleverness staune, lenkt Lopar ein Schuss der Luzerner über die Kiste. Momente, an denen man gerne Torwart wäre. Den Ball locker lässig mit einem Schuss Drama versehen über die Latte lenken und dann noch die Vorderleute anschreien. Einfach, weil  man das darf als Torwart. Kann man da eigentlich eine Lehre machen?

45. Minute
Uiiiih. Stahel verspringt der Ball amateurhaft. Wieder setzt sich der Kollege neben mir in Szene. Der steht auf und ruft: "Nimm emol die huere Pfiffe use!" Grosses Kino. Wenn auch ich zugegebenermassen etwas Angst vor ihm habe. Ich lege Klang heimlich den FCSG-Schal weg.

16.49 Uhr
Der Schiedsrichter beendet die erste Spielhälfte nach drei Minuten Nachspielzeit. Wir holen mal Aspirin, die Birne beginnt wieder etwas zu brummen.

16. 54 Uhr
Ok, wir sind ehrlich. Wir haben Bier geholt. Konterbier. Passt doch auch herrlich zum Fussball. Gerne hätten wir in Hälfte zwei auch ein Offensivbier. Während wir über weitere Kreationen für unsere eigene Brauerei (haben im Aldi ein Bier-Brauer-Set gekauft für 49.50 Fr., das letzte Bier hatte sogar Kohlensäure) nachdenken, lächelt sich Päddy Källin mit Mario Mutsch durchs Pausenprogramm.

16.57 Uhr
Ja klar, die Cheerleader sind echt schön anzuschauen. Doch diese Musik, die den Auftritt begleitet, lässt meinen Kopf beinahe explodieren. Alle zehn Sekunden wechselt dieser Mix den Song. Von Pink über Katy Perry geht es zu Pitbull, bis dann ziemlich alle Kommerz-"Künstler" durchgegangen sind. Das Ganze wird noch untermalt von einem derartig übertriebenem House-Beat, dass ich mir die Akkustik-Version von "Ewigi Liebi" zu Gemüte führe. Schön ruhig. Beginne dann spontan mit dem Kollegen neben mir zu kuscheln. Zurück gibt's 'ne Ohrfeige.

46. Minute
Halbzwei Zeit beginnt. Nach 17 Sekunden noch immer kein Tor für den FCSG. Enttäuschend.

51. Minute
Da spielt Keita für einmal seine Schnelligkeit aus und überläuft Pulijc. Zu seinen versprochenen 25 Toren sind es aber immer noch 19. Naja.

54. Minute
Freistoss FCSG aus 30 Meter. Was Hakan Calhanoglu wohl machen würde? Janjatovic bringt das Leder ins Zentrum, wo die Kugel wieder rausgeköpft wird.

55. Minute
Mal fachlich. Die St. Galler sind nach wie vor bemüht, nutzen den Platz, der sich immer wieder bietet zu wenig aus. Die Luzerner werden im Verlaufe der Partie weiter aufmachen müssen. Die St. Galler sind gut beraten einen Konter sauber zu Ende zu spielen und die Partie so wohl zu entscheiden.

59. Minute
Winter mit Haarschwänzchen à la Ibrahimovic. Fussballerische Ähnlichkeiten? Beide tragen Schienbeinschoner bei den Spielen. Beide tragen Fussballschuhe bei den Spielen.

60. Minute
Keita will eine Flanke schlagen, trifft aber den Ball nicht. Eine Szene, wie man sie sonst nur im Turnunterricht in der Primarschule bei einem Mädchen sieht. Der St. Galler Anhang quittiert das mit einem Pfeifkonzert. Wir stellen uns die Frage: Keita soll echt mal Torschützenkönig geworden sein?

65. Minute
Keita wird ausgewechselt. Papa Besle gibt seinen Sohn einen ermuternden Klatpps aufs Füdli und spornt derweil die Menge an, den Kleinen zu beklatschen. Fast rührend.

71. Minute
Die Schlussphase beginnt. Die St. Galler sind in den letzten Minuten etwas dominanter. Auch wenn Luzern nicht den Anschein macht, als würde es hier den Ausgleich erzielen, sollte man auf St. Galler Seite vorsichtig sein.

73. Minute
Freistoss für die Zentralschweizer aus 18 Meter. Alex Frei wechselt sich ein und donnert den Ball aufs Tor. Nee doch nicht. Rangelov. An die Mauer.

75. Minute
Ja, da kommt er. Bückend versucht sich die Birne nicht am Stadiondach anzuschlagen joggt er seelenruhig in die Sturmspitze. Mäkelä.

76. Minute
Rote Karte für den FCL. Was wir sehen: Rundelbildung. Was wir nicht sehen: Wer bekam wieso rot? Auf was wir hoffen: Auf einen 5:1-Sieg.

84. Minute
Mäkelä jetzt tatsächlich mit der Chance. Haut die Pille aber nach Vorarbeit über rechts von Martic über das Tor. Sonst passiert hier nicht viel. St. Gallen müht sich durch und Luzern bringt so gar keine Torgefahr zustande.

89. Minute
Neeeein! Ach du Sch... Elfmeter für Luzern.

90. Minute
Rangelov verwertet den Strafstoss für den FCL. Bitter. Besle stürmt derweil in die Spitze und versucht etwas für Furore zu sorgen. Drei Minuten Nachschlag.

91. Minute
Eigentlich das gerechte Resultat in einem Spiel mit zwei zurzeit sehr schwachen Mannschaften, wobei der FCL noch etwas das schlechtere Team war.

17.53 Uhr
Abpiff in St. Gallen. Enttäuschung. Frust. Viele nachdenkliche Mienen. Wir verabschieden uns. Mit Enttäuschung, Frust und einer nachdenklicher Miene.

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