Heysel, 29. Mai 1985. 39 Tote, 454 Verletzte - Bilanz eines als Fussball-Fest geplante Veranstaltung. Ein Abend, der den Fussball prägen sollte.
Ich tippe das Wort "Heysel" bei Google ein und schaue nach Bildern. Ich scrolle nach unten. Doch überall werde ich mit den schrecklichen Bildern vom 29. Mai 1985 konfrontiert. Ich scrolle weiter nach unten und werde endlich fündig - ein Bild, das nicht mit dem verhängnisvollen Mittwochabend zu hat. Es zeigt das Gelände der Weltausstellung, welche 1935 und 1958 in Brüssel stattfand. Schliesslich ist Heysel ein Teil von Brüssel, der Hauptstadt Belgiens. Heysel wird wohl aber eher als Namensgeber einer verheerenden Katastrophe im europäischen Fussball in die Geschichte eingehen.
Ich tippe das Wort "Heysel" bei Google ein und schaue nach Bildern. Ich scrolle nach unten. Doch überall werde ich mit den schrecklichen Bildern vom 29. Mai 1985 konfrontiert. Ich scrolle weiter nach unten und werde endlich fündig - ein Bild, das nicht mit dem verhängnisvollen Mittwochabend zu hat. Es zeigt das Gelände der Weltausstellung, welche 1935 und 1958 in Brüssel stattfand. Schliesslich ist Heysel ein Teil von Brüssel, der Hauptstadt Belgiens. Heysel wird wohl aber eher als Namensgeber einer verheerenden Katastrophe im europäischen Fussball in die Geschichte eingehen.
Die Vorfreude war gross auf dieses Finale im Europapokal der
Landesmeister, dem Vorgänger der heutigen Champions League. Juventus Turin
gegen den FC Liverpool. Zweifelsohne eine Affiche, die dazumal einiges
versprach. Platini (heutiger UEFA-Präsident), Prandelli (Nationaltrainer
Italiens) oder auch Dalglish (bis 2012 Trainer des FC Liverpool) sind alles
Namen, die man auch heute noch kennt.
Die Temperaturen an diesem 29. Mai sind hoch, es ist heiss. Heiss
geht es auch in Brüssel zu und her. In der Innenstadt stimmen sich die beiden
Fan-Lager ein auf dieses Finale. Es fliesst viel Bier und Wein, schliesslich
soll der Durst gestillt werden. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt das Treiben der
englischen und italienischen Fans friedlich. Es ist Nachmittag, als die Fans in
Richtung Stadtteil Heysel pilgern. Dort, wo das Heysel-Stadion steht, der
Austragungsort des Finales. Seit Monaten sind alle knapp 60'000 Tickets
vergriffen. Die meisten, die eines ergattern konnten, befinden um 18.45 Uhr,
also rund 90 Minuten vor dem vorgesehenen Spielbeginn, bereits im Stadion.
Anders als noch vor wenigen Stunden präsentiert sich die nun aber die
Stimmungslage. Es knistert. Der Alkohol, sowie die nur noch wenig verleibende
Zeit bis zum Anpfiff, geben der Gefühlslage in den Fan-Kurven eine angespannte
Färbung. Was unverständlich scheint, ist die Tatsache, dass die Fans der Reds
direkt neben die Juve-Anhänger positioniert werden. Später sollte sich
herausstellen, dass dieser Bereich, Block Z genannt, eigentlich neutralen
belgischen Zuschauern vorbehalten gewesen wäre, durch einen korrupten
UEFA-Mitarbeiter aber an ein italienisches Reisebüro weiterverkauft wurden. So
tummelten sich im neutralen Sektor fast ausschliesslich Fans, die in schwarz
und weiss gekleidet waren. Nur durch einen einen einfachen Drahtzaun getrennt,
beginnen die ersten Provokationen. Schnell werden Fackeln gezündet und Steine
geworfen. Es ist kurz nach sieben Uhr, als es den berüchtigten Engländern
gelingt die Abtrennung einzustürzen. Sie stürmen den Block der Turiner. Es
kommt zu Jagdszenen. Die Juve-Fans versuchen zu flüchten und rennen weg.
Polizei? Fehlanzeige. Eine Menschenmenge staut sich am Ende des
Juventus-Sektors an. Von hinten rücken aber weiter panisch Leute nach, die
flüchten wollen. Nur wenigen gelingt es, sich über die hohen Mauern aufs
Spielfeld zu retten. Ein Bild des Schreckens. Leute drohen unter dem gewaltigen
Druck der Menge zu ersticken. Qualvolle Schreie sind zu hören. Kurz vor halb
acht gibt ein Teil der Mauer nach und bricht weg. Einige werden darunter
begraben. In 45 Minuten sollte Anpfiff sein, doch daran ist gar nicht zu
denken. Die ersten Sanitäter fahren ein und stellen ein Bild der Verwüstung
fest. Direkt vor der Tribüne wird versucht die Leute zu verarzten. Es herrschen
chaotische Zustände. Während es der völlig überforderten Polizei gelingt die
Situation mit den aggressiven Liverpoolern halbwegs unter Kontrolle zu bringen,
wird über die Absage des Spiels beraten. Eine Frage, die sich eigentlich gar
nicht stellt. Die Spieler, mittlerweile über die Geschehnisse informiert,
wollen zu einem grossen Teil nicht antreten. Auf Rat des Schweizer
Schiedsrichters André Daina, einiger UEFA-Funktionäre, sowie Verantwortliche
der Polizei entscheidet man sich aber die Partie durchzuführen. Michel Platini
beschrieb diese Augenblicke in seiner Biographie so: "Um 20 Uhr kam ein
Vertreter des Europäischen Fussballverbands in die Umkleide. Er fragte uns:
Seid ihr bereit zu spielen? Einige Spieler verneinen. Er dreht sich zu ihnen
und sagt: Wenn ihr nicht spielt, gibt es da draussen nicht dreissig Tote,
sondern hundert." Das Spiel findet statt. 87 Minuten nach dem vorgesehenen
Anpfiff rollt der Ball. Juve gewinnt mit 1:0 nach einem Elfmeter Platinis nach
55 Minuten. Sein euphorischer Jubel hat einen makaberen Beigeschmack.
14 Anhänger des FC Liverpool wurden später teils mit
Gefängnisstrafen sanktioniert. Englische Fussballvereine durften fünf, die Reds
sechs Jahre nicht mehr an einem europäischen Vereinsturnier teilnehmen. Vier
Jahre später kam es in Hillsborough beim FA-Cup-Halbfinale zwischen Nottingham
Forrest und dem FC Liverpool zu einer weiteren Tragödie, die 96 Tote und 766
Verletzte forderte. Seither verfügt das Wappen des 19-maligen Meisters über
zwei Fackeln und den legendären Schriftzug "You'll never walk alone".
Im Jahr 1993 wurde in ganz Grossbritannien die Abschaffung von Stehplätzen
angeordnet, die sich mittlerweile auch auf die internationalen Spiele
ausdehnte.
Ich tippe noch einmal das Wort "Heysel" bei Google ein.
Rechts ist gross geschrieben: King Baudouin Stadium. 1995 wurde das
Heysel-Stadion umgebaut und King Baudouin Stadium genannt. Es gibt keine
Stehplätze mehr. Sowieso: Es erinnert so gar nicht ans Heysel-Stadion. Trotzdem
wird man mit dem Namen "Heysel" immer an den 29. Mai 1985 erinnert,
selbst wenn jetzt ein anderes Stadion dort steht.
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