Montag, 9. September 2013

Porträt: Swansea City

Der FC St. Gallen tritt in der Europa-League-Gruppenphase gegen Swansea City an. Ein Report zum walisischen Premier-League-Vertreter, der sich die Umkleidekabine mit Studenten teilt und inspiriert ist vom FC Barcelona.

Am 12. März 2012, einen Tag nachdem der Aufsteiger aus Swansea den Meister Manchester City mit 1:0 bezwang, kursierte eine interessante Tabelle im Internet. Sie besagte, dass Swanseas Mittelfeldmotor Leon Britton (93.3%) über die höhere Passgenauigkeit verfügt, als Weltstar Xavi ("nur" 93.0%) vom grossen FC Barcelona. Britton, für welchen vor gut zwei Jahren die bescheidene Ablösesumme von 62500 Franken an den englischen Drittligisten Sheffield United überwiesen wurde, scheint, ausgenommen seiner Körpergrösse von 1.65, so gar nichts mit dem berühmt berüchtigten Kurzpasspionieren aus Katalonien gemein zu haben. Betrachtet man aber den Verein von der walisischen Küste genauer, stellt man aber gewisse Parallelen fest. Was vor allem auffällt, ist die Anzahl Spanier im Kader der "Swans". Rund acht Spieler aus der iberischen Halbinsel verdienen ihr Geld in Swansea. Nicht nur deshalb spricht man in der englischen Presse oft von "Swanselona". Neben der Vielzahl an Spaniern gründet dieser Name vor allem auf dem Spielstil vom letztjährigen Premier-League-9. Denn: Trainer Michael Laudrup setzt auf gepflegtes Kurzpassspiel. Ziel ist es möglichst viele Dreiecke auf dem Feld zu bilden, um stets aus mindestens zwei Anspielstationen wählen zu können. Laudrups Flair für das Kurzspassspiel kommt derweil nicht von ungefähr. Der Däne war einst selbst beim FC Barcelona unter Vertrag und lernte zusammen mit Grössen wie Johann Cruyff oder auch Pep Guardiola das heute so gefürchtete Angriffsspiel. Herz des Angriffsspiel der Swans ist zweifelsohne der Spanier Michu. 2012 von für den Schnäppenpreis von 2.5 Millionen Franken von Rayo Vallecano ins Liberty Stadium transferiert, markierte er in seinem ersten Jahr ganz starke 18 Treffer. In Laudrups variablen 4-2-3-1- oder 4-3-3-System ist er Taktgeber der Offensive. Flügelzange Pablo Hernandez darf ebenfalls als Star betitelt werden. Für zehn Torvorlagen in der vergangenen Saison zeichnet sich der ehemaligen Valencianer verantwortlich. Kritiker des 1912 gegründeten Fussballclubs sprechen von zu vielen Spaniern, die in der zweikampfbetonten englischen Eliteliga auf Dauer zu wenig robust sein werden. Die Wahrheit gestaltet sich bisher aber anders. Als Aufsteiger (wenn auch damals nur  mit einem Spanier), samt dem kleinsten Etat sprang in der Debütsaison 2011/12 ein mehr als respektabler 11. Tabellenplatz heraus. Die vergangene Spielzeit verlief gar noch erfolgreicher. Neben dem Erfolg im League Cup, wo man unter anderem Chelsea ausschaltete, fand sich Swansea auf Platz 9 wieder. Es ist dabei nicht abwegig von einem Wunder zu sprechen. Trainiert wird noch immer im städtischen Sportzentrum. Die Duschen werden geteilt. So trifft man mitunter auf Studenten, die sich an der anliegenden Kletterhalle austobten. Auch wenn ein neues Trainingszentrum im Anflug ist - stören tut diese Nähe offensichtlich nicht. Hört man sich im Liberty Stadium um, so sprechen viele Fans auch von einer Stärke, die diese ganze Bescheidenheit mit sich bringt. Man kennt sich. Laudrups Vorgänger Brendan Rodgers, der nun an der Seitenlinie des FC Liverpool steht, bemerkte einst schmunzelnd, aber nicht frei von jeder Ernsthaftigkeit: "Roberto Mancini (Ex-Trainer von Manchester City) hat eine Sekretärin, die Briefe öffnet, eine, die sie liest und eine, die sie schreddert." In Swansea kommt man derweil mit weniger Personal zurecht. Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender ist man hier in Personalunion. Eben: Man kennt sich. Der Verein gehört seit einigen Jahren zu 20 Prozent den Anhängern. Man wollte nicht länger dem Treiben von Investor Tom Petty zusehen. So tat man sich zusammen und verscheuchte auch Petty. Seither unterliegt sich der Club einem eiseren Sparzwang. Ungeachtet europaweit explodierender Ablösesummen verpflichtete man starke Spieler zu niedrigen Preisen und stieg seit 2004 aus der englischen 5. Liga bis in die wohl stärkste Fussballliga der Welt auf. 


Im 2005 erbauten und nur gut 20'000 Zuschauer fassendem Liberty Stadium erwartet den FC St. Gallen also ein Hauch spanische Fussballkunst, gepaart mit britischer Atmosphäre und leidenschaftlichen Kampfgeist. Swansea ist unbekannt - und wohl auch unterschätzt. Stürmer Wilfried Bony (Torschützenkönig 2012 in Holland mit 31 Treffer in 30 Spielen)  alleine weist einen Marktwert von über 15 Millionen Franken auf und ist somit nur unwesentlich weniger Wert als der gesamte Kader der Espen (knapp 16 Millionen Franken). 

Was wohl am 4. Oktober 2013 in den Zeitungen stehen wird?

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