Samstag, 15. März 2014

Liveticker FC St. Gallen vs Young Boys Bern 1:1

eute zum Znacht: Uli 2.0. Zwar keine 27.2 Millionen Euro wert, dafür lecker wie ein Gipfeli. Oder auch: "Krisengipfeli", kombiniert mit OLMA-Bratwurst und Röstigraben. Uli Forte's krampfhafte FCB-Verfolger gegen Sieglos-SG. Hungrig: Der Liveticker.

18.07 Uhr
Da wir seriöse Match-Vorbereitung betreiben müssen (Bier, Burger, Bier), verpassen wir unsere geliebte Sportschau. Schade, aber es gibt Schlimmeres. Krieg, Hunger... Verflixt, keine Sportschau. Dann kullern Tränen über unsere Wangen.

19.24 Uhr
Wir sind gerade im Stadion angekommen und haben es uns auch gleich bequem gemacht (Internet-Verbindung stand nicht, dann wüste Beschimpfungen in Richtung des Medienverantwortlichen, schlussendlich Bier, was nur belegt, wie herrlich einfach gestrickt das männliche Geschlecht ist).

19.28 Uhr
Huch, jetzt sind wir wirklich startklar. Bewegt von der Tatsache, dass vor einer guten Stunde typisch englischer Regen eingesetzt hat, setzten wir vor dem Eingang noch zu einigen Tacklings an. Der Dreck ist nun abgewischt und wir stehen den Herren im Anzug, die nur einige Meter über uns i der Wärme bei Sekt und Kaviar fachsimpeln, in nichts nach. "Sorry" an dieser Stelle aber an die hübsche junge Dame, die am Eingang irgendwelche Billetts herausgibt. Ich wollte wirklich nicht dich treffen!

19.34 Uhr
Die Einlauf-Kids, welche jeweils die Hände der "Stars" (wir nennen die Spieler mal so, obwohl ausgenommen des Flutlichts, das zumindest ansatzweise den Glanz atemberaubender Europapokalnächte versprüht, wenig an die grossen Protagonisten dieses Sports erinnern. Dafür fehlen: 22 gute Fussballer) halten dürfen, stolzieren mit zufriedenstem Lächeln in Richtung Spielereingang. Zugegeben: Ich bin berührt, will meiner Freundin schreiben, dass ich mich darauf freue, Kinder zu haben. Dann vibriert mein Handy. Bayern führt 1:0. Die Härte des Alltags. Ich lösche den Text an meine Freundin.

19.41 Uhr
Und da ist sie wieder, diese verdammte Melodie, die jedes Mal vor Einlauf der Spieler im Stadion ertönt. Schlicht episch, grenzenlos motivierend. Dann, wie von Geisterhand erhebe ich mich und spiele ein paar knackige Bälle in Richtung Anzugträger.

19.44 Uhr
Schweigeminute für einen verstorbenen Schiedsrichter-Funktionär. Nach 60 Sekunden der Pfiff des Unparteiischen, der die Arena innert Sekundenbruchteile in einen Hexenkessel verwandelt. Eindrücklich.

3. Minute
Grossvater Mutsch in der Startformationen. Es sind dies die kleinen Dinge im Leben, die glücklich machen. Es erwarten uns vom kleinen Luxemburger auf der Sechs kompromisslose Zweikämpfe, gepaart mit einer herrlichen Grundaggression, die vereinzelt in einer gelungenen Grätsche gipfeln wird. Ob es was schöneres gibt? Mir fällt spontan nichts ein.

6. Minute
Zum Start dieser Partie bedienen wir uns gleich mal feierlich dem Reporter-Baukasten von OBI und beschreiben das Treiben auf dem Platz als "Abtasten". Im Bravo bei Dr. Sommer nennt man das "Petting". Erotisch: Der Liveticker.

10. Minute
Eifriges Mittelfeldabfräsen beider Teams. Weil wir Zeit haben: Die Aufstellung des FCSG's. Lopar - Lenjani, Stocklasa, Besle, Martic - Nater, Mutsch, Demiri - Vitkeviecz, Wüthrich - Mathys. Weil wir nicht alle Spieler kennen: Nicht die Aufstellung der Young Boys. Weil er es sich aufgrund seiner Monopol-Stellung im Sportjournalismus leisten kann: Der Fussball,Schatz - heute auch mal arrogant.

14. Minute
Kennern der Espen wird auffallen, dass Saibene ohne gelernten Stürmer aufläuft. Riecht nach erbittertem Abstiegskampf, was durchaus seine Reiz hat. Der Abstiegskampf, schliesslich die Zeit, wo harte Fights um das Leder eher honoriert werden, als Spiel entscheidende Fussgelenk-Pässe à la Messi. Wunderbar.

19. Minute
Uiiiih. Grün-Weiss erstmals gefährlich. Eine Mathys-Flanke wird länger und länger bis Vitkeviecz die Birne hinhält, es aber nicht vermag YB-Ersatzkeeper Mvogo zu bezwingen. Lebeszeichen. Was macht eigentlich Flug MH370?

21. Minute
Wieder der ehemalige Schweizer Nationalspieler mit südamerikanischen Wurzeln, weshalb wir ihn mal, auch mit einer gewissen Hoffnung versehen, "Vitkevieczinho" nennen. Steht plötzlich alleine vor dem YB-Kasten, wo sich Mvogo erneut auszeichnen kann.

22. Minute
Die Hauptstädter führen. Ein gewisser Gregory Wüthrich trifft für den BSC. Wenn man sie vorne nicht macht, ... Ja, schon klar.

25. Minute
Bäääm! Ausgleich. Trotzdem ein fader Beigeschmack, da Steve von Bergen, seines Zeichens Stammverteidiger der Schweizer Nationalmannschaft, näher am Würstchen-Stand steht, als an Gegenspieler Nater, der Mvogo brasilianisch ausspielt und ins leere Tor zum 1:1 trifft. "Natinho" ist man versucht zu sagen. Und Vitkeviecz übt an der Eckfahne den Übersteiger...

30. Minute
Mutsch, dieser Terrier! Fleissig, wie ein Roboter-Staubsauger mäht er die Zone vor der Abwehr ab. Dann auf einmal YB, das sich locker flockig durch die St. Galler Abwehr kombiniert. Jackson Martinez scheitert aber am hervorragend reagierenden Lopar. Wir fragen uns: Wie kann man nur so einen geilen Namen haben, wie Jackson Martinez. Auch geil: Fernando Schwarzenegger. Oder: Holger Badstuber.

38. Minute
Viel Kampf jetzt in der AFG Arena. Beeindruckend derweil der Auftritt von Stocklasa. Lediglich einmal wurde er bei einem kurzen Sprint erwischt. Sonst trabt er seelenruhig über den leicht angeschlagenen Rasen und verrichtet seine Arbeit dermassen effizient, dass Franz Beckenbauer, angetan von Stocklasas Leistung, ein Comeback-Versuch ins Auge fasst.

43. Minute
Handgemenge nun, nachdem Besle Steffen fast bewegend stark abgrätscht. Die beiden geraten aneinander. Dann Stocklosa, der unglaubliche 20 Meter joggend zurücklegt und Besle beruhigen will, bevor er sich umdreht und zu Mitspieler Demiri schaut. Die Blicke treffen sich. Es knistert. "I can be your hero, Baby!"

20.31 Uhr
Der Schiedsrichter beendet die erste Halbzeit. Nun Pausentee. Das Spiel heute auch wie ein Tee. Nur fehlt der Zucker. Schmeckt nicht besonders, so dass es mehr Frust als Lust ist, ihn zu trinken. Vereinzelt zwar gute Ansätze, die vor allem durch Fehler zustande kommen. Wir fassen zusammen: Geschack gut, der Zucker fehlt aber. Wir hoffen, Forte und Saibene finden den Zucker. Wir holen Bier. Nüchtern. Naja.

20.46 Uhr
Breaking News +++ Saibene und Forte an Tankstelle nahe AFG Arena gesichtet. Mit dabei: Kiloweise Zucker +++ Breaking News. Zum Wohl!

46. Minute
Von unterirdisch schlechten Vergleichen mit Zucker zum grauen administrativen Teil. Beide Mannschaften kommen unverändert aus der Garderobe. Die Gastgeber jetzt von rechts nach links.

49. Minute
Wir hoffen Wüthrich ist kein Diabetiker. Die St. Galler Nummer Zehn nimmt eine Martic-Flanke Volley ab, trifft aber nur den Rücken eines YB-Verteidigers. Dennoch stark. Die Kugel wär gekommen!

51. Minute
Das Ergebnis zum Bayern-Spiel wird eingeblendet. Applaus auf den Tribünen, schliesslich hat der deutsche Rekordmeister ein Gegentor kassiert. In was für einer Welt leben wir?

54. Minute
Nater macht den Schweini. Querpasst sich durch die eigene Hälfte. Raumngewinn: Die durchschnittliche Geschwindigkeit von Stocklasa heute. Also gleich Null.

57. Minute
Zurzeit lassen die Formationen der beiden Teams auch kein Offensivspektakel zu. Die Espen sind im Zentrum gleich dreifach besetzt (Nater, Mutsch, Demiri), was für die Berner ein Durchkommen über die Mitte verunmöglicht. Auf dem Flügel verteidigen Lenjani/Wüthrich und Martic/Vitkeviecz gewissenhaft. Soviel zum taktischen Aspekt dieses Duells.

61. Minute
Kristian Nushi steht am Spielfeldrand und wird wohl in den nächsten Augenblicken in die Partie kommen. Es gab ja schon gewichtigere Gründe auf den Sieg zu hoffen.

63. Minute
Wüthrich verlässt das Spiel. Ich bekunde währenddessen Mühe mit meinem Laptop. Der will nicht, wie ich will. Fussball,Schatz und sein Laptop - alles aus? Die ergreifende Geschichte über die Liebe der beiden und den Beziehungsstatus "es ist kompliziert". Morgen im Blick. Der Laptop ist, aber zugegeben, meiner Mutter, da ich über keinen eigenen verfüge. Spenden für einen neuen sind nicht nur geduldet, sondern erwünscht. Es soll doch so ein IMac geben, die seien ganz toll. Ich mein ja nur...

66. Minute
Saibene bringt Stürmer Karanovic für den defensiven Demiri. Oder auch: Defensivi. Der Gute hat die gegnerische Hälfte bisher Hand gezählte einmal betreten. Beim Seitenwechsel. Das Publikum quittiert das mit munterem Beifall. Saibene will in den Angriff investieren.

72. Minute
Ärgerlicher Nachtrag: In Hälfte Eins hielten es die St. Galler Fans für nötig, Pyros abzubrennen. Burn Baby, Burn. Bern Baby, Bern.

76. Minute
Nuzzolo kommt für YB. Hoffen wir, er bleibt nuzzlos.

78. Minute
Besle räumt hinten ab. Köpft zuerst die Pille aus der Gefahrenzone, um sich danach in den nächsten Ball reinzuwerfen. Gestern hat der Innenverteidiger sein Zimmer aufgeräumt. Zuerst Kopfballduell gegen den Schrank. Anschliessend warf er sich in die Stehlampe in der Ecke.

81. Minute
Sowohl St. Gallen, als auch Bern scheinen mit der Punkteteilung zufrieden zu sein. Eitler Sonnenschein also, wo sich alle gern haben und Hand in Hand einander die Bälle zuspielen. Denkste! Sekunden nach dem wohligen Gefühl fliegt Ex-St. Galler Costanzo mit Gelb-Rot vom Platz.

83. Minute
Den St. Gallern bleiben zehn Minuten den ersten Sieg der Rückrunde einzufahren. YB igelt sich gleich mal hinten ein, nachdem man zahlenmässig reduziert wurde. "Hopp Sangalle" hallt es durch die mit gut 13'000 Zuschauern gefüllte Arena. Auf geht's!

86. Minute
Ês beginnt die Zeit, wo Helden geboren werden. Nur falls Ihr mitliest, liebe FCSG-Spieler.

88. Minute
Weiter Ball in Richtung Tor von Lopar. Diese spurtet aus seinem Tor und köpft das Leder weg. Modernes Torwartspiel nennt man das. Oliver Kahn hätte die Kugel wohl einfach aus dem Stadion gebölzt und mit einigen energischen Fluchwörtern den gegnerischen Angreifer so verängstigt, dass dieser sich hätte auswechseln lassen müssen. Geil nennt man das.

90. Minute
Wir sind von der Presse, sind deshalb unparteiisch und berichten seriös. Nee komm. Mathys drescht das Leder von der Strafraumgrenze an die Latte. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen. Gibt's denn sowas?!

21.37 Uhr
Abpfiff in St. Gallen. Gellendes Pfeifkonzert, das wohl aber dem Schiri gilt, der nun vom stschweizer Anhang beschimpft wird. Man erkennt gewisse Symptome einer Krise. Das machte sich während der Partie schon bemerkbar, wo nicht mehr viel vom Selbstvertrauen vergangener Europa-League-Auftritte übrig ist. Der Schuss ans Quergebälk in der Nachspielzeit passt da nur ins Bild. Um wieder zu Oliver Kahn zu kommen: "Wenn's scheisse läuft, läuft's scheisse.", sagte der Titan einst. Die Kurve mit den FCSG-Fans feiert derweil die Mannschaft, was dem Zuschauer hier im Stadion eine gewisse Wärme vermittelt. Man steht zusammen. Wir trinken erstmal Tee. Mit Zucker versteht sich. Einen schönen Abend und Danke für's Lesen.

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